„Das letzte Abendmahl“ von Leonardo da Vinci ist normalerweise der Öffentlichkeit kaum zugänglich. Doch dank einer modernen, immersiven 360-Grad-Ausstellung in der Stuttgarter Schleyerhalle ist es nun möglich, das berühmte Wandgemälde bis ins kleinste Detail zu studieren.
Tauche ein in die Welt von Leonardo da Vinci! Nicht nur an den Wänden sind riesige Ausschnitte aus seinem weltberühmten Gemälde „Das letzte Abendmahl“ zu bewundern. Selbst der Boden wird genutzt. Weiße Würfel laden zum Platznehmen ein, damit man sich staunend umschauen kann, wie das Bild gewissermaßen zum Leben erwacht.
Mal werden Details vergrößert, die bisher nur Restauratoren des Wandfreskos in dieser Dimension erkennen konnten. Mal wird das Bild wie durch ein Kaleidoskop zerlegt und durchzieht den Raum mit seinen bunten Einzelteilen. Dieses immersive Erlebnis im Hauptraum der Ausstellung wäre vor einigen Jahren technisch undenkbar gewesen. Die Digitalisierung der Bilder war ein aufwendiger Prozess, erklärt Produzent Marcus Wortmeier. „Es haben 80 Personen neun Monate lang an diesem Projekt gearbeitet. Wir nutzen etwa 30 Hochleistungsprojektoren, um die Bilder auf einer Projektionsfläche von 500 Quadratmetern zu präsentieren.“ Das Ergebnis ist ein Film mit mehreren Kapiteln.
„Das letzte Abendmahl“ entstand in den Jahren 1494 bis 1498 und gibt bis heute Rätsel auf. Kunsthistoriker und Theologen diskutieren seit Jahrhunderten über die möglichen unentdeckten Botschaften des Gemäldes. Zu sehen sind Jesus und seine zwölf Apostel, kurz nachdem er ihnen am Vorabend seiner Kreuzigung prophezeit hat: „Einer von euch wird mich verraten!“ Leonardo da Vinci bricht mit gängigen Darstellungen – beispielsweise verzichtet er auf Heiligenscheine.
Ob das Gemälde jedoch geheime Botschaften enthält, wie es Dan Browns Bestseller „Da Vinci Code“ andeutet – etwa die Vermutung, dass hinter der Darstellung von Jesus‘ Lieblingsjünger Johannes in Wirklichkeit seine vermeintliche Geliebte Maria Magdalena steckt – bleibt fraglich. Sicher ist jedoch, dass der Verfall des Gemäldes aufgrund der angewandten Technik schon zu Leonardos Lebzeiten begann. Über die Jahrhunderte ging dabei viel verloren. Nicht alle Restaurierungsversuche waren erfolgreich – einige hätten den Zustand des Gemäldes eher verschlechtert, wie es in der Ausstellung heißt.
Besonders an diesem Bild ist, dass das enorme, vier mal neun Meter große Wandgemälde eine Wand im Speisesaal des Dominikanerklosters Santa Maria delle Grazie in Mailand schmückt und aus konservatorischen Gründen nur in kleinen Gruppen für kurze Zeit betrachtet werden darf – sofern man überhaupt einen Termin ergattern kann. In der Stuttgarter Ausstellung kann man das Bild erstmals in Originalgröße bewundern und solange betrachten, wie man möchte.
Moderne Technik macht es möglich
„Wir möchten einen Mix aus traditioneller Ausstellung und digitalisierter Version zeigen – mit Bildern zum Lesen und Betrachten sowie mit der digitalen Version, bei der man einfach nur sitzen und genießen und in das Bild eintauchen kann“, sagt Marcus Wortmeier. Der Film rekonstruiert nicht nur „Das Abendmahl“, sondern stellt auch Leonardo da Vincis Leben in sehr eindrucksvollen 360-Grad-Animationen dar.
Obwohl „Das Abendmahl“ im Mittelpunkt der Ausstellung steht, spielt Leonardos Einfluss – nicht nur auf die Kunst – ebenfalls eine Rolle. Immer wieder gelingt es Forschern, seinem Werk noch Geheimnisse zu entlocken.
Das Universalgenie habe in seinem Leben vieles geschaffen, erklärt Wortmeier. „Er war Kostümdesigner. Er hat den ersten Panzer entworfen. Viele Leute wissen auch nicht, dass Leonardo eigentlich nur 15 Bilder geschaffen hat. Und wir zeigen sie alle in großer Dimension.“
Die Ausstellung „Das letzte Abendmahl“ zeigt alle Werke in großer Dimension – eine Kunstgeschichtsstunde, die sich durch die beeindruckenden Effekte der immersiven Ausstellung ganz anders einprägt als in der grauen Theorie. Es ist wirklich ein Eintauchen in Leonardos Welt und in ein Gemälde, das sich zuvor nur wenigen so detailreich offenbart hat.
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