Bei der Demontage einer Ausstellung in Bonn vor einigen Monaten wurde leider festgestellt, dass ein Gemälde zu viel vorhanden war. Jetzt, im Zentrum für seelische Gesundheit im Klinikum Bad Cannstatt, ist die Geschichte genau umgekehrt: In der Verkaufsausstellung mit dem Titel „Land Escapes“ von Edmund Whitaker fehlen vier seiner Gemälde. Der Künstler entdeckte dies am 25. April, fünf Tage bevor er alle seine Werke abhängen wollte. Wer die Gemälde im Wert von rund 3.600 Euro gestohlen hat, ist unbekannt. Whitaker hat Anzeige erstattet, hegt jedoch keine Hoffnung, dass er seine Gemälde jemals wiedersehen wird. Er hofft lediglich, durch die Abbildungen Hinweise zu erhalten.
Seine Landschaftsgemälde sind akribische Ansichten mit feinstem Pinselstrich, Acryl auf Leinwand. Oft sind sie kaum von einem Foto zu unterscheiden, was besonders auf die gestohlenen Gemälde zutrifft: Alle vier zeigen Natursteinbrücken inmitten einer grünen, idyllischen Landschaft. Zwei dieser Motive entdeckte er bei Wanderungen im Mittleren Neckarraum, die anderen beiden entstanden nach Fotografien aus seiner früheren Heimat England. Alle vier hingen an derselben Wand im Konferenzbereich des Klinikums. „Am 24. April, dem Tag zuvor, waren sie noch da“, erinnert sich Whitaker. Er fragt sich, wie jemand einfach vier größere, ungerahmte Acrylbilder aus dem Krankenhausgelände am Prießnitzweg entfernen und über einen längeren Fußweg bis zum dazugehörigen Parkplatz transportieren konnte.
Diebstahl unter Beobachtung
Falls jemand entsprechende Beobachtungen gemacht hätte – eine Cafeteria befindet sich ebenfalls in diesem Bereich -, hätte wahrscheinlich niemand Verdacht geschöpft: „Das ist ein öffentlicher Bereich. Die Leute hätten wohl gedacht, dass es der Künstler selbst war, der die Bilder wegträgt“, meint er. Rund 80 Stunden Arbeit stecken in jedem Bild, und der Verkaufswert pro Gemälde liegt bei 850 bis 900 Euro.
Whitaker erhielt in früheren Jahren als Hobbyfotograf mehrere namhafte Auszeichnungen, bevor er zur Malerei wechselte. Er war selbst Patient im Zentrum für seelische Gesundheit des Klinikums und lebt heute in sehr einfachen Verhältnissen von einer kleinen Erwerbsminderungsrente und einem Minijob. Für ihn ist der Diebstahl nicht nur eine große Enttäuschung, sondern auch ein erheblicher materieller Schaden. Er spart an Farbe, Leinwand, Rahmen und Pinseln. Da er finanziell knapp bei Kasse ist, hatte er keine Versicherung für die Gemälde abgeschlossen. Diese hätte etwa 400 Euro gekostet. „Ich habe mir gedacht, wenn ich nichts bei der Ausstellung verkaufe und die teure Versicherung abschließe, dann stehe ich ganz schön im Minus.“
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