Das Auktionshaus Irene Lehr versteigert in einem Extrakatalog westfälische Expressionisten aus der Sammlung Hermann-Josef Bunte. Auch Einsteiger können sich hier an der Wiederentdeckung beteiligen. Darunter finden sich auch Künstler wie Ernst Ludwig Kirchner.
Das Angebot der 60. Auktion bei Irene Lehr ist besonders umfangreich, mit fast 400 Kunstwerken aus dem 20. Jahrhundert. Zusätzlich werden am 27. April 2024 40 Werke des westfälischen Expressionismus aus der Sammlung Hermann-Josef Bunte versteigert. Hier finden sowohl junge Sammler als auch Kenner vorzügliche Arbeiten von weitgehend unterschätzten Expressionisten zu kleinen Schätzpreisen. Die Preise beginnen bei 1000 Euro für Gemälde von Heinrich Eberhard und enden bei 35.000 Euro für ein Porträt des komponierenden Max Reger von Franz Nölken sowie 20.000 Euro für eine winterliche Dorflandschaft von Hermann Stenner.
Hermann Stenner, ein jung verstorbener Künstler aus Westfalen, wurde nicht von einem Museum, sondern von dem Rechtsanwalt und Sammler Bunte für seine Bedeutung erkannt. Zusammen mit seiner Frau baute er in 40 Jahren eine Sammlung rund um Stenner auf. Josef Eberz, Albert Mueller und Ernst Sagewka pflegen einen Expressionismus, der sich von dem der viel bekannteren „Brücke“-Künstler unterscheidet.
Die Weitsichtigkeit von Hermann-Josef Bunte zeigte sich bei der Ketterer-Auktion im Dezember 2023. Dort wurden 50 Kunstwerke für insgesamt 2,3 Millionen Euro brutto versteigert, nachdem sie beachtliche Steigerungen erzielt hatten. Besonders hervorzuheben ist das Werk von Ernst Sagewka, dessen Landschaftsbild dank der leuchtenden Farben seinen Preis auf über 70.000 Euro verzehnfachte. Auch die Qualitäten von Hermann Stenner begeisterten neue Sammler bei Ketterer. Die besten seiner Bilder erzielten Preise zwischen 180.000 und 240.000 Euro.
Lehrs Bunte-Katalog dürfte von dieser Lust auf noch nicht so oft präsentierte Sichtweisen profitieren. Robert Ketterer zog Irene Lehr frühzeitig für die Vermarktung der riesigen westfälischen Sammlung hinzu. Die gebürtige Wienerin wählt 40 Arbeiten aus einer Auswahl von 60 aus. Diese sollen das Kantige und Farbige der westfälischen Expressionisten zum Ausdruck bringen. Die Schätzung für den Katalog der Sammlung Bunte beläuft sich auf rund 300.000 Euro.
Zusammen mit der facettenreichen Hauptauktion beläuft sich die Gesamtschätzung auf 1,9 Millionen Euro. Besonders begehrt dürften neusachliche Porträts von Georg Scholz und Rudolf Dischinger sein, die eine hohe Nachfrage erzeugen.
Bekannte Künstler sind auch dabei
Eine kleine Gruppe ausdrucksstarker Zeichnungen der besten Zeit von Ernst Ludwig Kirchner wird ebenfalls angeboten, deren Schätzpreise bei moderaten 2000 Euro beginnen. Hermann Glöckner, der Doyen der Abstraktion in der DDR, wird Lehr’s günstige Handdrucke für 1200 Euro anbieten und eine kupferrot schimmernde Tafel aus dem begehrten Tafelwerk, die kammartig strukturiert ist, für mindestens 60.000 Euro versteigern.
Wie der Nachlass von Georg Scholz immer wieder auf die Fähigkeiten von Lehr vertraut, neue Sammler zu erschließen, so liefert auch der Nachlass des tschechischen Modernisten Stanislaw Kubicki bei ihr ein.
Diesmal handelt es sich um das splitterartig aufgefasste Querformat „Erschaffung der Pflanzen“ von 1926. Das eigenwillig kubistische Bild ist für 120.000 Euro angesetzt. Dabei dürfte es nicht bleiben. Kubicki hob den Nachholbedarf im letzten Jahr auf über 200.000 Euro.
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