Im Wiener Auktionshaus Dorotheum wurde eine neu entdeckte Raffael Zeichnung für 338.000 € versteigert.
Rom im frühen 16. Jahrhundert: Raffaello Santi gewann zunehmend an Beliebtheit bei den Auftraggebern. Man verglich ihn sogar mit Michelangelo und war der Meinung, dass die beiden Künstler ebenbürtig seien. Raffael wurde im Laufe der Jahre immer wieder vom päpstlichen Palast beauftragt, sei es Fresken, Tapisserien oder ein Neubau. Raffael stellte sich allen Herausforderungen.
Kurz vor seinem Tod begann er Skizzen für einen Empfangssaal zu konzipieren. Es sind vier Szenen aus der Legende des ersten Christenkaisers Konstantin. Die Fresken wurden posthum von seinen Schülern realisiert. Dabei mussten diese die letzten beiden Fresken selbst entwerfen, da Raffael nur zwei der vier Entwürfe fertigstellen konnte.
Das Blatt, dass versteigert wurde, ist eine Skizze für die „Schlacht an der Milvischen Brücke“. Es ist nicht üblich, das solche Skizzen die Zeit überdauern, da sie Arbeitsmaterialien sind. Zuvor waren nur drei vorbereitende Skizzen, zu diesem Fresko, bekannt. Die des „Infanterisen“ (Louvre, Paris), die „gestürzten Kavalleristen“ (Chatsworth House, Devonshire) und „zwei Soldaten im Tiber, die in ein Boot klettern“ (Ashmolean Museum, Oxford).
Der neue Raffael
Am 25. Oktober 2023 brachte das Wiener Dorotheum ein bemerkenswertes Kunstwerk, das der angesehene Experte Paul Joannides als Original identifiziert hat, zum Aufruf. Das Stück Papier, das 22 mal 24 Zentimeter misst, präsentiert Studien zu einem Pferdeauge und einem Pferdekopf, wurde jedoch hauptsächlich verwendet, um den kämpfenden Reiter am Flussufer zu entwickeln. Die endgültige Form des Motivs ist hier bereits fast erreicht, jedoch gibt es noch subtile Unterschiede: Der Soldat hält den Kopf, den Arm und das Schwert leicht anders, und die Speerspitze fehlt noch in der Brust des Pferdes. Solche kleinen Abweichungen von der endgültigen Version an wichtigen Stellen sind charakteristisch für Zeichnungen aus der Feinschliffphase eines Entwurfs. Kein späterer Kopist eines abgeschlossenen Werks würde jemals solche Änderungen vornehmen.
Ursprünglich wurden einige weitere, stilistisch jedoch völlig unterschiedliche Skizzen auf Vorder- und Rückseite dem damals im Umfeld von Raphael tätigen Polidoro da Caravaggio (1492–1543) zugeschrieben. Daher war das Blatt vorübergehend ihm zugeordnet. Bei einer Auktion bei Christie’s Paris am 25. März 2015 wurde es jedoch nur noch als „École italienne du XVIe siècle d’après Raphaël“ (Italienische Schule des 16. Jahrhunderts nach Raphael) angeboten. Damals erzielte das Los aus der Sammlung von Iohan Quirijn van Regteren Altena 1500 Euro (Taxe 2000 Euro). Nun hat es jedoch einen Verkaufspreis von 338.000 Euro erzielt.