Die jüngsten Ergebnisse der Londoner Auktionen für impressionistische, moderne und zeitgenössische Kunst zeigen nach längerer Zeit wieder eine klare Rangfolge beim Umsatz unter den internationalen Auktionshäusern. Christie’s verzeichnet einen Anstieg von 17 Prozent im Vergleich zur Vorjahresauktion im gleichen Quartal, während Sotheby’s einen Rückgang von 40 Prozent verzeichnet. Phillips behält wie üblich den dritten Platz.
Die kombinierte Abendauktion für Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts erzielte mit 80 Losen einen Gesamtumsatz von 137,7 Millionen Pfund und eine Verkaufsrate von 86 Prozent pro Los. Das teuerste Los der Woche war René Magrittes Gemälde „L’ami intime“ von 1958, das für beeindruckende 33,7 Millionen Pfund verkauft wurde. Die eigenständige Surrealismus-Auktion bei Christie’s erbrachte insgesamt 59 Millionen Pfund. Mit den Tagesauktionen summiert sich das Gesamtergebnis des Hauses auf 228,1 Millionen Pfund.
Sotheby’s erzielte mit 60 Losen einen Umsatz von 100 Millionen Pfund, obwohl weniger Lose zum Verkauf angeboten wurden. Die Verkaufsrate lag hier bei 90 Prozent. Das teuerste Los bei Sotheby’s war Pablo Picassos Spätwerk „Homme à la Pipe“ von 1968, das leicht über der Taxe für 13,7 Millionen Pfund verkauft wurde.
Diese soliden Ergebnisse zeigen, dass bei einem qualitativ hochwertigen Angebot durchaus gute Ergebnisse erzielt werden können. Interesse der Bieter zeigte sich in jedem Segment des Angebots, insbesondere bei Werken mit den richtigen Eigenschaften wie Seltenheit, passender Werkphase, Marktfrische und guter Provenienz. Der neueste „UBS Art Basel Kunstmarktbericht“ unterstreicht diesen Trend deutlich. Trotz einer Abschwächung im Hochpreissegment des Marktes zeigen sich gerade in den tieferen Marktsegmenten gesteigerte Aktivitäten. Dies wurde insbesondere durch die Tagesauktionen in London bestätigt, auf die wir noch näher eingehen werden.
In den Abendauktionen hingegen werfen die Statistiken ein Schlaglicht auf ein Bild, das auf eine geringere Markttransparenz hindeutet. Vor der Auktion wurden bei Sotheby’s elf der 70 Lose zurückgezogen, bei Christie’s waren es sieben von 87. Antonia Gardner von Sotheby’s erklärt dies damit, dass Auktionen zunehmend „fluide“ und weniger starr werden.
Zu dieser neuen Flexibilität gehören auch die 21 Garantien bei Sotheby’s und 25 bei Christie’s, mit denen die Einlieferer den Verkauf im Voraus absichern. Darüber hinaus werden einige Künstlerinnen und Künstler neu kategorisiert – je nach den Bedürfnissen und Strategien des jeweiligen Auktionshauses.Bei Christie’s wurde die Berliner Dadaistin Hannah Höch in der Surrealismus-Auktion versteigert. Das Interesse an ihren Collagen ist in den letzten Jahren stetig gestiegen und verhalf der Papierarbeit „Das schöne Mädchen“ von 1920, die mit einer Schätzung von 120.000 bis 180.000 Pfund angeboten wurde, zu einem neuen „Surrealismus-Rekord“ von 454.000 Pfund.
Moderne Weltrekorde
Fast alle Weltrekordpreise der Woche wurden mit Werken von Künstlerinnen erzielt. Bei Sotheby’s waren es Etel Adnan, Takako Yamaguchi und Rebecca Warren, bei Christie’s Allison Katz, Jadé Fadojutimi, Hannah Höch und Meret Oppenheim, und bei Phillips Jesse Mockrin. Diese Künstlerinnen stammen aus den unterschiedlichsten geografischen Regionen, sind sowohl jung als auch alt, und sie repräsentieren verschiedene künstlerische Disziplinen wie Malerei und Bildhauerei. Das gestiegene Interesse an der lange Zeit ignorierten Kunst von Frauen vereint somit eine Vielzahl von Geschmäckern und Interessen.
Britische Kunst bleibt trotzdem gefragt, auch wenn bekannte Markennamen wie Lucien Freud, Francis Bacon oder David Hockney nicht mehr automatisch hohe Preise erzielen. Ein bemerkenswertes Beispiel hierfür ist Bacons „Studie von George Dyer“, die sich ein halbes Jahrhundert lang in einer Privatsammlung befand und nun bei Sotheby’s im mittleren Bereich ihrer Schätzung für 6,8 Millionen Pfund verkauft wurde.
Hingegen war Bacons „Landscape near Malabata, Tangier“ attraktiv und selten. Das Landschaftsbild erzielte bei einer Taxierung von 15 bis 20 Millionen Pfund bei Christie’s schließlich 19,6 Millionen Pfund. Die Londoner Kunsthandlung Eykyn Maclean war der unterbietende Bieter. Im Gegensatz dazu verkauften sich Damien Hirsts Arbeiten entweder zu niedrigen Preisen oder wurden vorsorglich vor der Auktion zurückgezogen. Der Markt für Hirsts Werke zeigt sich sehr wählerisch und interessiert sich nur noch für frühe Objekte oder attraktive Gemälde.
Auch der Markt für deutsche Kunst bleibt gemischt. Bei Phillips blieb eine Wandskulptur von Martin Kippenberger, „Zuerst die Füße“ von 1990, unverkauft. Ein weiteres Werk wurde bereits vor der Auktion zurückgezogen.
Auch der Markt für Werke von Gerhard Richter ist weiterhin angeschlagen. Bei Sotheby’s wurde ein Set von fünf abstrakten Bildern aus dem Jahr 1985 mit einer Taxierung von 2,5 bis 3,5 Millionen Pfund angeboten. Ein Sammler hatte akribisch fünf der sechs Bilder einer Serie zusammengetragen und verkaufte sie nun als ein Los. Das Set wurde bereits beim ersten Gebot für drei Millionen Pfund an den Käufer verkauft. Bei Christie’s wurde das dortige Werk von Gerhard Richter gar nicht erst zum Aufruf gebracht.
Die Kunst des frühen 20. Jahrhunderts erweist sich hingegen als erfolgreicher. Obwohl die Preise für Expressionisten nicht mehr das Niveau vergangener Jahre erreichen, bot Christie’s eine Reihe von Werken an, die sich gut verkauften. Ein von Ernst Ludwig Kirchner auf beiden Seiten mit Akten bemaltes Bild erzielte mit 3,8 Millionen Pfund einen Preis oberhalb der Schätzung.
Dieser Trend setzte sich auch in den Tagesauktionen fort. Sotheby’s erzielte dabei einen Umsatz von 23,5 Millionen Pfund bei einer Verkaufsrate von 80 Prozent. Besonders aktiv waren europäische Bieter, wie das Auktionshaus berichtet. 13 Lose einer deutschen Sammlung mit deutscher Kunst wurden über der Schätzung verkauft. Durch die guten Preise, insbesondere für Werke von Hannah Höch, summierte sich der Umsatz auf 862.000 Pfund.
Selbst eher seltene Namen im Auktionskontext wie Felix Nussbaum und Lotte Laserstein finden nun ihren internationalen Markt und erhalten ein angemessenes Podium in London.
Christie’s Tagesauktionen brachten einen Umsatz von 31,4 Millionen Pfund ein. Auch hier verzeichnete eine Collage von Hannah Höch aus einer deutschen Sammlung einen bemerkenswerten Anstieg, der den Preis verdreifachte. Otto Dix‘ charmantes Werk „Frau mit rotem Hut“ von 1921 erzielte ebenfalls mit 542.000 Pfund einen Preis über der Schätzung.
Diese Ergebnisse unterstreichen, dass deutsche Kunst weiterhin international gefragt ist und dass auch kleinere Arbeiten gute Preise erzielen können. Möglicherweise spiegeln die Tagesauktionen eher den allgemeinen Markt wider als die streng orchestrierten Abendauktionen mit hochpreisigen Werken.
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