Bevor wir uns einem Beispiel widmen, erörtern wir erstmal was ein nationales Kulturgut ist.
Ein nationales Kulturgut bezieht sich auf Objekte, Artefakte, Orte, Traditionen oder andere kulturelle Elemente, die als besonders bedeutsam für die Identität, Geschichte oder kulturelle Erbe eines Landes betrachtet werden. Diese Gegenstände können historisch, künstlerisch, architektonisch, wissenschaftlich oder anderweitig von nationaler Bedeutung sein. Sie werden oft durch Gesetze oder Verordnungen geschützt und erhalten, um sicherzustellen, dass sie für zukünftige Generationen bewahrt werden. Nationale Kulturgüter können alles umfassen, von antiken Ruinen und historischen Gebäuden bis hin zu traditionellen Fertigkeiten, Bräuchen und sogar immateriellem Kulturerbe wie Sprachen oder Musiktraditionen. Die genaue Definition und der Schutz nationaler Kulturgüter variieren von Land zu Land, abhängig von den jeweiligen kulturellen, historischen und rechtlichen Rahmenbedingungen.
Caspar David Friedrich als nationales Kulturgut
Das Juwel der deutschen Romantik hat einen neuen Besitzer gefunden. Bei der Versteigerung von Caspar David Friedrichs Skizzenbuch, dem letzten Exemplar in Privatbesitz, fiel am 30. November 2023 bei Grisebach der Hammer bei 1,45 Millionen Euro – genau der geschätzten Summe. Ein Bieter am Telefon und ein weiterer im Saal lieferten sich einen kurzen Schlagabtausch, wobei letztendlich der Telefonbieter den Zuschlag erhielt.
Kurz vor der Auktion tauchte jedoch eine potenziell bedeutsame Hürde auf. Der Auktionator musste verkünden, dass im Rahmen des Kulturgutschutzes und auf Antrag der zuständigen Berliner Behörden ein Verfahren eingeleitet wurde. Dabei würde das Skizzenbuch in die offizielle Liste der national wertvollen Kulturgüter aufgenommen werden. Das bedeutete, dass das Objekt zunächst im Land bleiben musste und nicht international gehandelt werden durfte. Ein hochkarätiger Sachverständigenausschuss hatte innerhalb einer Frist von sechs Monaten darüber zu entscheiden. Dies galt dann (fast) für immer.
Deutschland steht mit dieser strikten Kulturgutschutzregelung nicht alleine da. Im Gegenteil, es hat sich erst viele Jahre nach Ländern wie Österreich, Frankreich und der Schweiz dazu entschieden. Diese restriktive Regelung, die stark in die Eigentumsrechte des Verkäufers eingreift, soll sicherstellen, dass Kulturgut von herausragendem öffentlichem Interesse und entsprechend nationalem Wert im Land bleibt, wo es einen bedeutenden Einfluss auf das kulturelle Erbe hat.
Dieser Ansatz, der jedoch nicht berücksichtigt, dass ein anonymer privater Sammler mit seinem Schatz im Tresor nicht unbedingt zur Identitätsstiftung seiner Landsleute beiträgt, steht in starkem Kontrast zu der Möglichkeit, dass ein unterfinanziertes Museum durch den Erwerb bereichert wird (was möglicherweise später öffentlich gemacht wird). Letztendlich könnte die restriktive Pflege des Kulturguts jedoch dazu führen, dass weniger öffentliche Handelswege angestrebt werden.