Hanna Bekker vom Rath, die Galeristin, organisierte während der Nazi-Herrschaft heimliche Ausstellungen und hielt unerschütterlich an ihrer Überzeugung als eigenständige Frau fest. Sie riskierte alles für die Freiheit und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg dafür belohnt.
Die Wiederentdeckung und Würdigung von Grete Ring, einer bedeutenden Händlerin moderner Kunst in der Berliner Liebermann-Villa am Wannsee, vor einigen Wochen, wird nun durch das Brücke-Museum fortgesetzt, das eine Ausstellung über eine weitere herausragende Persönlichkeit derselben Generation präsentiert: Hanna Bekker vom Rath, eine Malerin, Sammlerin, Mäzenin und Kunsthändlerin. Geboren im Jahr 1893, wird sie zu Recht als eine Vorreiterin der Moderne geehrt.
Beide Wiederentdeckungen und Anerkennungen sind aus zwei Gründen besonders zu begrüßen: Sie tragen dazu bei, die unterbewertete Rolle weiblicher Protagonistinnen in der Moderne und im Kunsthandel herauszustellen. Es ist wichtig, die Verdienste von Hanna Bekker vom Rath für die Förderung und Rehabilitation verfolgter Künstler des Expressionismus zu würdigen, was das Hauptziel der Ausstellung im Brücke-Museum ist (in Kooperation mit den Kunstsammlungen Chemnitz). Das Museum wurde kürzlich vom deutschen Kunstkritikerverband als Museum des Jahres ausgezeichnet, unter anderem für seine kritische Reflexion über die eigene Geschichte und Sammlung aus feministischer und postkolonialer Perspektive.
Heimliche Bilder erfahren neue Aufmerksamkeit
Die Ausstellung wurde von der Direktorin Lisa Marei Schmidt gemeinsam mit Marian Stein-Steinfeld, der Enkelin, Biografin und Leiterin des Archivs von Hanna Bekker vom Rath, wie eine Biografie in Bildern konzipiert. Sie ist chronologisch nach Lebensphasen und -themen kuratiert und umfasst zahlreiche Leihgaben aus dem Museum Wiesbaden, das eine bedeutende Sammlung von Werken aus dem Nachlass besitzt. Durch etwa 100 Exponate, Fotos und Dokumente werden die Künstlerfreundschaften von Bekker vom Rath, insbesondere zu Karl Schmidt-Rottluff, anschaulich dargestellt.
Die Ausstellung enthüllt Details über ihr Leben im gastfreundlichen „Blauen Haus“ in Hofheim am Taunus, ihre geheimen Ausstellungen in Berlin während der Naziherrschaft und ihre Aktivitäten nach dem Krieg, als sie ihre Galerie in Frankfurt gründete und die Welt bereiste. Die Ausstellung würdigt auch ihre Karriere als Malerin mit fünf eigenen Bildern. Porträts aus verschiedenen Lebensphasen lassen erahnen, welche starke und eigenständige Persönlichkeit sich hinter der Künstlerin verbarg.
Frühzeitig übernahm Hanna Bekker vom Rath das Erbe ihrer weiblichen Vorbilder für ein selbstbestimmtes Leben, sowohl künstlerisch als auch sozialpolitisch. Sie hielt 1918 eine Rede für die Emanzipation der Frau in der Frankfurter Paulskirche, als Frauen erstmals das Wahlrecht erhielten und zum Studium zugelassen wurden. Sie heiratete den Musikschriftsteller Paul Bekker unter der Bedingung absoluter Selbstbestimmung. Obwohl die Ehe nur zehn Jahre dauerte, blieb ihre Liebe zur Kunst ein zentrales Element ihres Lebens.
Beim Aufbau ihrer Sammlung wurde der Frankfurter Kunsthändler Ludwig Schames zu einem wichtigen Berater, der ihre Vorliebe für den deutschen Expressionismus maßgeblich prägte. Sie freundete sich mit Künstlern wie Ludwig Meidner und Alexej Jawlensky an, und gründete 1928 einen Förderkreis für letzteren. Sie organisierte von 1940 bis 1943 heimliche Verkaufsausstellungen in ihrer Wohnung in Schöneberg, um verfolgte Künstler zu unterstützen. Trotz des hohen Risikos und der Verantwortung gelang es ihr, zahlreiche Künstler zu unterstützen, und ihre Galerie existierte noch über ihren Tod im Jahr 1983 hinaus.
Die Ausstellung im Brücke-Museum bietet einen umfassenden Einblick in das Leben und Werk von Hanna Bekker vom Rath und würdigt ihre bedeutende Rolle als Förderin und Vermittlerin der deutschen Kunst des 20. Jahrhunderts.
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