Kaum war 2019 das Banksy-Bild „Mädchen mit Luftballon“ für 1,2 Millionen Euro versteigert, surrte es – und das Kunstwerk war zur Hälfte zerschreddert. Vom Künstler per Fernsteuerung ausgelöst und als Kritik an der Vereinnahmung seiner Kunst durch den Kunstmarkt gedacht.
Drei Jahre später verbrannte der Pop-Art-Künstler Damien Hirst 5.000 seiner Papierbilder, die Mitarbeiter seines Studios unter seinem Namen gemalt hatten. Die Preise für die Bilder waren gefallen – Hirst betrieb eine Marktbereinigung.
Seit den politisch aufgeladenen 1960er Jahren zerstören Künstler ihre eigenen Kunstwerke. Die Gründe dafür waren sehr unterschiedlich, gingen aber immer weit über die medienwirksamen Aktionen der Herren Banksy und Hirst hinaus.
Künstler die ihre Werke zerstörten als Inszenierung
Der Schweizer Aktionskünstler Roman Signer beispielsweise hat seit Jahrzehnten eine ausgeprägte Vorliebe für Explosivstoffe. So hat er einmal mehrere mit je 200 Litern Wasser gefüllte Fässer mit Seilen an einem Dachfirst befestigt. Ein Sprengmeister brachte die Seile zur Explosion.
Was in Signers Kurzfilmen lustig aussieht, ist für den Künstler oft gefährlich. Signer geht es um das Ausloten von Grenzen, Zerstörung inbegriffen. In einer Galerie-Aktion präsentierte er einmal Hunderte von kleinen, fein säuberlich aufgereihten Spielzeug-Militärhubschraubern, die plötzlich einer nach dem anderen in die Luft stiegen: „Und dann fliegen sie zusammen los und es gibt ein Chaos, ein Durcheinander und sie zerstören sich gegenseitig und stürzen ab.
Auch der anarchistische Künstler Jean Tinguely liebte den Sprengstoff. Berühmt wurde er für seine lärmenden Maschinen aus Alltagsmüll, die den Wahnsinn der Konsumgesellschaft vor Augen führten. 1962 brachte er zusammen mit Niki de Saint Phalle Lastwagenladungen mit Wohlstandsmüll in die Wüste von Nevada, inszenierte sie als große Installation – und sprengte sie unweit eines NASA-Testgeländes für Atomraketen.
Wesentlich leiser, aber nicht weniger radikal arbeitete Gustav Metzger, der in den 1960er Jahren Vinylfolien mit Säure bemalte, die sich daraufhin auflösten. Der jüdische Künstler hatte den Holocaust dank eines Kindertransports nach England überlebt. Seine Eltern waren von den Faschisten ermordet worden.
Ebenfalls in den 1960er Jahren begann der Konzeptkünstler Dieter Roth, die bürgerliche Vorstellung, ein Kunstwerk sei für die Ewigkeit bestimmt, ironisch zu unterlaufen: Er überließ seine Bilder aus zerquetschten Bananen, Wurst- und Käsescheiben den Maden, dem Schimmel und der Zeit – bis sie reif für den Müll waren.
Das Publikum reagierte empört. Ganz im Sinne Roths, sagt Dirk Dobke, Präsident der Dieter Roth Foundation: „Das ist eine oppositionelle Haltung. Das ist eine Form von Anti-Kunst. Oder von Oppositionskunst, von antibürgerlicher, aber auch antiklassischer Haltung“.
Doch keiner der selbstzerstörerischen Künstler zelebrierte sein Tun so festlich wie der Schweizer Bildhauer Bernhard Luginbühl: Luginbühl baute riesige, wunderschöne Holzskulpturen aus riesigen, ineinander greifenden Rädern und Bühnen, auf denen Theater gespielt wurde – bis er alles in Flammen aufgehen ließ.
Ein großes Fest für alle, die miterleben durften, wie sich ein Kunstwerk in ein barockes Feuerwerk verwandelte – ein Zeichen der Vergänglichkeit.
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