Ihre Blütezeit erlebten die kunstvollen Schiffspokale in der Renaissance. Dagegen wetterte der Klerus: „Heutzutage trinken die Weltkinder und Trinkhelden aus Schiffen, Windmühlen (…) Gockelhähnen, Affen, Mönchen (…) ungewöhnliche Trinkgeschirre, die der Teufel erfunden hat (…)“.
Zwar soll schon Wilhelm der Eroberer (gest. 1087) Wein aus einem silbernen Schiff getrunken haben und Karl V. von Frankreich war laut Inventar im Besitz von fünf goldenen und 20 silbernen Schiffen. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts war die Nachfrage so groß, dass sich einige Goldschmiede auf die Herstellung von Schiffspokalen spezialisierten und diese virtuos mit Techniken wie Treiben, Gießen, Vergolden, Ziselieren und Gravieren veredelten. Der reiche Dekor verweist mit Fabelwesen und Wellenornamenten auf das Meer. Das Bayerische Nationalmuseum widmet den Schiffspokalen aus den Goldschmiede-Metropolen Nürnberg und Augsburg nun eine sehenswerte Sonderausstellung.
Das berühmte „Schlüsselfelder Schiff“ „darain gehet zwo maß getrancks“, um 1502/03 für den Nürnberger Kaufmann und Bergwerksherrn geschaffen, verlässt nie den heimischen Hafen des Germanischen Nationalmuseums. Die Ausstellung zeigt jedoch eine zeitgenössische, kolorierte Federzeichnung, die alle Details im Maßstab eins zu eins wiedergibt. Das „Goldene Schiff der Ludwig-Maximilians-Universität“ des Augsburger Goldschmieds Caspar Hentz aus dem Jahr 1594 gilt als Zimelie: Der spätere Kaiser Ferdinand II. schenkte es der Universität in Ingolstadt aus Dankbarkeit für die Studienjahre, die er dort verbracht hatte, bevor es mit der Verlegung der Universität nach Landshut und später nach München „weitersegelte“. Wenig später lieferte Hentz für dieses „Universitätszeichen“ ein Pendant für das Ratssilber in Emden. Nun sind beide für kurze Zeit vereint.
Um 1620 fertigte Esaias zur Linden das Nürnberger Tafelschiff für den Landgrafen von Hessen. Der Schiffskörper mit fünfköpfiger Besatzung ruht auf einem hohen Fuß mit reich verziertem Schaft. Die Vergoldung kontrastiert effektvoll mit den weiß-silbernen Segeln und der Takelage. Auch Trinkschiffe auf vier Rädern erheiterten feuchtfröhliche Tafelgesellschaften, da sie von einem Gast zum nächsten Zecher über den Tisch gefahren werden konnten. Neben einer Leihgabe der Kunstkammer Georg Laue ist ein weiteres Nürnberger Räderschiff von Georg Müllner mit einem Trinkhorn als Ausguss zu bewundern.
Gold war nicht das einzige Wertvolle Material
Auch Naturschätze wie Elfenbein oder Nautilus wurden zu Schiffsschalen verarbeitet. Wohl auf Anregung des Augsburger Diplomaten und Kunstagenten Philipp Hainhofer, der in der Münchner Kunstkammer eine „Palmholzschale“ gesehen haben soll, fertigte Johannes Lencker daraus ein vergoldetes Tafelschiff mit den verschlungenen Figuren eines Delphins und eines Tritons als Schaft. Auch Glaskünstler nahmen sich des Schiffsthemas an, wie ein entzückendes gläsernes Trinkspiel aus Venedig zeigt. Globen und Landkarten entführen in jene fernen Regionen, in die die risikoreiche internationale Seefahrt mit Galeeren, Karacken, Karavellen und Kraweelschiffen friedlich oder kriegerisch unterwegs war. Neben unentbehrlichen wissenschaftlichen Instrumenten wie dem Astrolabium kamen Muskatnuss und Muskatreibe oder Pfeffer und Pfeffermühle mit einer Vielzahl exotischer Gewürze in unsere Breiten.
Lesen Sie auch: Antike Vasen im Fokus – Von Bruehl